Es soll ja Menschen geben, die bereits mehrere Monate in Rostock leben und stolz damit prahlen, noch nie einen Fuß in die Altstadt gesetzt zu haben. Hierbei handelt es sich vorzugsweise um: Erstsemester und Vollidioten. Anders kann ich es mir nicht erklären, wie man das Viertel zwischen Nikolai – und Petrikirche, Likörfabrik und Albert & Emile, Buchbar und Ursprung freiweillig verpassen kann. Natürlich haftet der Altstadt ein wenig der elitäre Ruf an, der durch die gehoberenen Geschäfte und Gastronomieszene, kulturellen Veranstaltungen wie der Kunst – oder Stummfilmnacht, den kleinen Galerien und den rausgeputzten Einfamilienhäusern und Altbauwohnungen auch nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Vermutlich wird hier weniger gespuckt, gerotzt und gepöbelt als sonst wo in Rostock. Gelebt wird hier aber trotzdem und das sogar ziemlich gut. Vor allem lässt es sich hier aber prima entlang flanieren, durch die Fenster in die Altbauwohnungen schauen, den Kopf dem Himmel entgegenstrecken (bei dem Versuch, die Petrikirche von unten auszuschauen) und auf Rostock hinunterschauen.
Die Östliche Altstadt gehört zum Stadtbezirk Stadtmitte und erstreckt sich im Süden östlich des Rathauses, der Ostseite der Steinstraße und grenzt sich östlich durch die Stadtmauer ab.
Obwohl sie oft im Schatten der bunten KTV steht, gibt es hier eine Menge zu entdecken, so werden in ruhiger Atmosphäre die drei goldenen K’s – Kulinarik, Kultur und Kommerz – zu einem Stadtviertel mit Wohlfühlflair vereint, das sich hervorragend für einen Spaziergang abseits von Lange und Breite Straße eignet.
Kulinarik
Treue Leser meines Blogs werden bereits zwei Orte mit der Altstadt verbinden können, da sowohl das erste Cupcake Cafés Rostocks – das Törtcheneck Schwesterherz – als auch die Likörfabrik auf Ahoi Rostock ihre Erwähnung fanden. Gerade in diesen Tagen, wenn es draußen viel zu früh dunkel wird, alle Katzen und Bewohner grau zu sein scheinen und man das Bedürfnis hat, sich diese Zeit zu versüßen, kann ich nur zum Cupcake-Genuss raten.
Gleichwohl verlangen manche stürmische Zeiten auch mal nach härteren Maßnahmen, getreu dem Motto: Wer Sorgen hat, hat auch Likör. Doch selbst wenn man sich nicht so für Amaretto oder Sambuca begeistern kann, lohnt sich ein Besuch der ehemaligen Likörfabrik, erwarten einen im gemütlichen Ambiente ebenso ein reichhaltiges Frühstücksangebot, eine günstige Mittagskarte und zahlreiche Getränkealternativen zum Eau de Vivre.
Um einen Kaffee lang zu reden eignet sich das Café A Rebours, in dem man sich übrigens immer mal wieder auch das kulturelle Programm ansehen sollte, das von Ausstellungen bishin zu musikalischen Abenden reicht. Der absolute Kracher sind jedoch die Kuchen, aber dazu (und zu dem Café) an anderer Stelle einmal mehr…
Freunde der französischer Gaumenfreuden werden sicherlich im Restaurant Albert & Emile auf ihren Geschmack kommen, das zu Kalbsbäckchenterrine, Hirschkalbsragout und Mohnschupfnudeln und Birne Hélène verführt. Wer sich selbst also etwas Gutes tun möchte, sollte unbedingt das kleine Restaurant aufsuchen, das mit viel Liebe zum Detail in dem restaurierten Haus aus dem 16. Jahrhundert eingerichtet wurde und auch von Außen ein wahrer Blickfang ist. Zu finden in der Altschmiedestraße 28.
Kommerz
Natürlich lässt es sich in der Östlichen Altstadt nicht nur lecker speisen, sondern auch sehr gut einkaufen. Wer bereit ist, für das besondere Detail, ein handgefertiges Schmuckstück oder das neue Lieblingssofa etwas mehr Geld auszugeben, wird definitiv auf seine Kosten kommen.
Die gebürtige Rostockerin Romy Niekammer verkauft in ihrem Geschäft hochwertigen Schmuck, der nicht „schockieren oder provozieren, sondern nachhaltig überraschen“ soll. Das gelingt durch die Verbindung von gegensätzlichen Materialien wie Holz und Metall und der Kombination aus geometrischen und natürlichen Formen, die zusammen ein harmonisches Gesamtkunstwerk ergeben.
Etwas schonender für den Geldbeutel ist die Second Hand Boutique Magda & Vintage, die von der Inhaberin Kerstin Korngiebel Am Schwibbogen 8 mit viel Humor und Liebe betrieben wird. Ich selbst freue mich jedes Mal auf den Blick durch die Ladenfenster, die mir mit humorvollen Postkarten und Sprüchen jedes Mal ein Lächeln auf das Gesicht zaubern.
Wer nicht mehr auf Ikea und Sperrmüll angewiesen ist, kann sich im Casa Uno austoben, das sich auf exklusives italienisches Wohndesign spezialisiert hat und eine Brücke zwischen aktuellen Trends und Klassikern schlägt.
Ganz in der Nähe vom Casa Uno befindet sich das Geschäft KONTOR, das ausgewählte, hochwertige Produkte aus den Bereichen Mode, Möbel, Schmuck, Accessoires beherbergt und Lust macht, sich ein eigenes Königreich zu erschaffen.
Kultur
Zwischen Kultur und Kommerz bewegt sich die buch…bar (übrigens nur einen Katzensprung vom Albert & Emile entfernt in der Altschmiedestraße 32), die seit der Eröffnung im Jahr 2007 einen Anziehungspunkt für alle Freunde des geschriebenen Wortes darstellt. Ganz gleich, ob man heiß diskutierte Neuerscheinungen, beliebte Klassiker, Werke der Regionalliteratur oder ein schönes Kinderbuch sucht – hier wird man sicher fündig. Darüberhinaus führt die kleine Buchhandlung aber auch ein Sortiment von ausgesuchten Papierwaren, Postkarten und kleine Geschenkideen. Wäre das alles nicht schon Grund genug für einen Besuch, führt die buch…bar auch Veranstaltungen wie die „Buchvorstellungen“ durch, die sich großer Beliebtheit erfreuen und nicht selten ausverkauft sind.
Den Bogen zwischen Kulinarik und Kultur spannt wiederum das Restaurant Ursprung am Alten Markt, das sich durch die zahlreichen kulturellen Veranstaltungen auf der Live Bühne und dem regelmäßig stattfindenen Pub Quiz einen Namen gemacht hat. Vor allem der Poetry Slam sorgt stets für ein volles Haus und ausgelassene Stimmung, das nächste Mal übrigens am 11.11. im Rahmen der Rostocker Kulturwoche!
Ebenfalls ein kulturelles Highlight ist die regelmäßig stattfindene Stummfilmnacht, die Klassiker wie Nesferatu oder Faust, aber auch aktuelle Filmperlen wie The Artist in der Nikolaikirche in Begleitung eines Orgelmusikers zeigt. Diesen Freitag wird jedoch die 30. Stummfilmnacht ausnahmsweise in der Rostocker Kunsthalle stattfinden; wer Zeit und Lust hat, kann sich hierbei auf Charlie Chaplins The Kid freuen.
Was ist euer Lieblingsplatz in der Östlichen Altstadt?
An dieser Stelle sei abschließend noch gesagt, dass dieser Artikel natürlich nur einen groben und sehr subektiven Blick auf die Östliche Altstadt wirft und es selbstverständlich sehr viele weitere tolle Orte zu besichtigen gibt. Ebenso habe ich bewusst auf den historischen Aspekt verzichtet, da meine Kenntnisse bezüglich der Historie leider nicht ausreichen und es mir auf Ahoi Rostock auch mehr darum geht, ein Bild der Gegenwart zu zeigen. Wer sich aber für die Geschichte und für die aktuellen Entwicklungen in der Östlichen Altstadt interessiert, sollte unbedingt einmal die Website des Altstadt-Vereins besuchen und einen Blick in der vom besagten Verein publizierten OSTPOST werfen, die in dieser Ausgabe gewohnt einen historischen Rück – wie neugierigen Blick in die Zukunft wirft. Allen anderen sei gesagt: Nutzt doch einmal das verlängerte Wochenende für einen kleinen Rundgang und haltet Herz und Augen offen. :)
Welch eine überraschende Liebeserklärung. Vielen Dank!
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Immer wieder gerne! Share the love und so! :)
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Hallo, wirklich gelungene Atmosphären und Bilder, die Ihr da eingefangen habt, aber wo sind die Menschen? Ist es nicht auch der Typus Mensch, welcher hier lebt und sich mit den vielen Durchreisenden (Studenten etc.) vereint, der diese Stadt lebenswert macht? Rostock ist eine Metropole des kulturellen Austausches, was es uns ermöglicht, dass es solch schöne Ecken gibt, wie ihr sie hier dargestellt habt…
ABER dennoch eine gelungene Darstellung … danke
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