Ich weiß nicht, wie es euch ergeht, aber für mich besitzen Hotels seit jeher einen ganz besonderen Reiz. Ich mag es, mir auszumalen, welche tiefgründigen Gespräche nachts um halb drei zwischen Barkeeper und orientierungslosen Hotelgast in der Lobby geführt werden, welche Abgründe hinter dem elegant gekleideten Ehepaar liegen, das im Zimmer 212 eincheckt, welche Geheimnisse in schweren Koffern verborgen werden, welche Gespräche der Concierge im Fahrstuhl mithört, welches Paar sich außerhalb des Hotels nicht einmal grüßt; mir gefallen prall gefüllte Minibars, völlig überteuerte Snackautomaten auf dem Hotelflur, bequeme Betten und große Fenster, durch die man auf die Stadt sehen kann. (Ja, ich weiß, das ich eine sehr romantisch-kitschige Vorstellung vom Hotelgewerbe habe…) Kurzum: Für mich war der Kreative Marktplatz Ponyhof am vergangenen Sonntag wie für einen Besuch geschaffen, fand dieser doch im Pentahotel statt und blieb somit seiner Tradition treu, sich immer wieder neu zu erfinden.
Dass wir uns in Rostock seit gut drei Jahren in regelmäßigen Abständen auf den Ponyhof freuen können, verdanken wir Charlotte Berger, die sich seit der Gründung des Ponyhofs dafür einsetzt, kreativen Künstlern eine Plattform zu geben und den Kreativen Marktplatz Ponyhof immer weiter auszubauen. Mit mit sprach sie über über die Entwicklung des Ponyhofs, die kreative Szene Rostocks und welche Philosophie hinter dem Kreativmarkt steckt.
Welche Idee und Philosophie stecken hinter dem Kreativen Marktplatz Ponyhof?
Ponyhof ist ein kreativer Marktplatz, der engagierten und innovativen Künstlern die Möglichkeit bietet, ihr handwerkliches Geschick in den Bereichen Mode, Schmuck, Malerei, Fotografie, Grafik und alles was dem kreativen Geist entspringt, vorzustellen und ihre Werke zum Verkauf in unserer Region anzubieten. Mein Anliegen ist es, jungen Kreativen eine Plattform zu bieten, die ihnen ermöglicht, sich auszutauschen, gegenseitig zu unterstützen und zu bereichern. Meinen Beobachtungen nach wurde diese aktive, innovative, sich ständig weiter entwickelnde junge Kunstszene in Rostock lange Zeit zu wenig gefördert. Für die Aussteller ist „Ponyhof“ eine wunderbare Möglichkeit, sich auf dem freien Markt auszuprobieren, auf sich aufmerksam zu machen und in Interaktion mit potentiellem Klientel zu treten.
Gibt es ein besonders schönes Ereignis, das im Zusammenhang mit dem Kreativen Marktplatz Ponyhof zustande kam?
Ja, das war der Ponyhof – ich glaube im Jahr 2012 – auf der MS-Stubnitz! Das war für mich eine sehr besondere Veranstaltung, weil ich dort das erste Mal das Gefühl hatte, dass die Idee vom Ponyhof das erste Mal so richtig bei den Leuten wie auch bei den Künstlern angekommen ist. Davor hatte ich anfangs noch so meine Probleme, vor allem die Kreativen Köpfe zu einer Teilnahme zu ermutigen und sie davon zu überzeugen, dass etwas Tolles dabei herauskommen kann, wenn die kreative Szene zusammenarbeitet. Diese Energie und Dynamik, die damals in der Luft lag, werde ich niemals vergessen -zu sehen, wie die eigene Idee funktioniert ist ein unbezahlbares Gefühl!
Leider fand ich kein Videomaterial zu der besagten Veranstaltung im Ponyhof, aber wer mag, kann sich einmal Inspirationen vom Ponyhof im Circus Fantasia holen:
Seit der Premiere im Jahr 2010 erfindet sich der Ponyhof immer wieder neu: So fand er u.a. bereits im Stadtpalast, Schifffahrtsmuseum, Zirkuszelt und nun aktuell im Pentahotel statt. Gibt es weitere Plätze, an denen du den Marktplatz noch gern verwirklichen würdest?
Aber JA, natürlich! So würde ich unheimlich gerne mal in dem alten Dieselmotoren-Kraftwerk beim Bahnhofsviertel eine Veranstaltung machen da ich die Location unheimlich spannend und charmant finde. Außerdem schwebt mir schon seit einiger Zeit vor, mal bei einem Pferderennen einen Markt zu organisieren. Geplant ist zudem mit dem Ponyhof ein Festival zu besuchen. Du siehst an Ideen mangelt es nicht, nur manchmal an der Zeit…
Der Ponyhof fokussiert sich auf die lokale Szene, oftmals hört man in diesem Zusammenhang auch den Wunsch nach dem Aufbau einer kreativen „Rostocker Community“ – inwiefern leistet der Marktplatz dazu einen wichtigen Beitrag?
Sagen wir mal so: Das ist sogar der wichtigste Punkt, der den Ponyhof vorantreibt. Die Szene stärken, bzw. mit aufbauen, den Künstlern eine Plattform geben und mit Stolz zu unseren Lokal-Stars zu stehen und sie zu motivieren, dass eben auch in Rostock was gehen kann. Es sind nicht immer nur die Anderen, die was auf den Kasten haben, unsere Fischköpfe sind auch ganz schön geil drauf! Grund genug, das auch mal zu zeigen! Ich mochte noch nie Leute, die nur nörgeln und schwarzmalen- meinen persönlichen Respekt verdient man sich, wenn man die Dinge anpackt.
Wie viel Arbeit steckt eigentlich hinter dem ganzen Projekt? Wie viele Leute arbeiten an der Organisation und welche Aufgaben betreust du mittlerweile noch selbst?
Oh mein Gott, ich denke Tag und Nacht an mein Kind, wie ich den Ponyhof immer nenne! Das bin zu 100 Prozent ich selbst! Daher organisiere ich noch immer alles komplett selbst, aber natürlich würde ich ohne die Unterstützung von so vielen tollen Menschen wie Familie, Freunde, Boyfriend und Kollegen nicht weit kommen. Mittlerweile habe ich auch meine anderen Jobs wie das Schreiben und die Auftragsgrafik in den Hintergrund gestellt, um den Anforderungen vom Ponyhof gerecht zu werden. Ich arbeite aber daran, bestimmte Work Flows und Arbeitsabläufe zu strukturieren, um später – sollte sich das Ganze in der Zukunft zu einem richtigen kleinen Unternehmen mausern – abgeben zu können. Denn selbstverständlich möchte ich mich noch mehr meinen Ideen widmen, aber da ich manchmal im Organisationsstress förmlich abtauche – geht es in Zukunft gar nicht mehr anders- als mir Hilfe zu holen. Mein großer Traum wäre ein kleines Team wie unter Freunden, in dem jeder einen Part übernimmt, den er am Besten kann und in dem sich alle gegenseitig mit ihren Wissen bereichern können.
Hast du viel persönlichen Kontakt zu den Künstlern, die beim Ponyhof ausstellen?
Mein Kontakt zu den Künstlern ist sehr persönlich, manchmal fast schon freundschaftlich. Da ich früher selbst künstlerisch tätig war (das bin ich ja immer noch – nur in Form vom Ponyhof) kann ich mich sehr gut in die Situation meiner Aussteller hineinversetzen und versuche daher, sie in jeder Hinsicht zu unterstützen und zu fördern. Außerdem inspirieren sie mich jedes Mal enorm! Meine Aussteller werden von mir wie Rockstars aus der Design-Branche behandelt, ohne sie würde es den Ponyhof schließlich auch gar nicht geben.
Apropos Künstler: Müssen die Künstler, die ihre Arbeiten auf dem Ponyhof ausstellen, eigentlich bestimmte Kriterien (Beispiel Produkt, Bekanntheitsgrad) erfüllen oder reicht eine einfache Anmeldung aus?
Künstlerischen Arbeiten gegenüber bin ich immer sehr aufgeschlossen, schließlich lässt sich über Geschmack bekanntlich streiten. Wichtig ist mir nur dass das Angebot auf dem Markt facettenreich und alles handgemacht ist, also keine eingekaufte Ware. Ansonsten ist es in der Regel so, dass ich vorab ein paar Arbeitsproben verlange – um mir einen Überblick über die Arbeiten zu verschaffen.
Auf dem Ponyhof kann man sich ja zahlreiche Stände anschauen. Gibt es welche, die Dir besonders gut gefallen oder auf die du dich besonders freust?
Ich freue mich wirklich über jeden Künstler, der Lust hat, durch seine Kunst und Ideen ein Teil vom Ponyhof zu sein. Jeder inspiriert mich auf seine ganz eigene Art und Weise.
Gibt es weitere Pläne, die du gerne im Rahmen des Ponyhofs realisieren würdest? Stichwort: Kreativpilot 2014?
Genau, für den Kreativpilot habe ich mich in diesem Jahr beworben, hierbei handelt es sich um eine Auszeichnung für junge Start Up Unternehmen aus ganz Deutschland. Leider bin ich nur in die Finalrunde gekommen und konnte so den Titel nicht mit nach Hause nehmen. Es gab ja viele hunderte Bewerber, da ist es schon nicht leicht zu gewinnen – aber ich hätte es mir sehr gewünscht – besonders für unsere Künstler und Rostock!
Letzte Frage: Welcher Anker hält dich in Rostock?
Das Meer, der Ponyhof, mein Freund und meine Familie. :)
Und wie war es jetzt so? Ein kurzes Check In!
Nachdem ich euch ja zu Beginn des Artikels bereits meine Begeisterung für Hotels gestanden habe, machte ich mich also am Sonntagnachmittag mit bunten Bildern von Wes Anderson Grand Budapest Hotel auf dem Weg zum Pentahotel und war voller Vorfreude auf das, was kommen mochte. Vor dem Hoteleingang erwartete mich dann bereits ein erstes kleines Highlight: So wurden vor einigen Tagen bereits groß die phantasievollen und bunten Installationen der Rostocker Dekorateurin Julia Ennuschat angekündigt, die der ganzen Szenerie durch ihre Fabelwesen einen Hauch von Unwirklichkeit gab und so gleich Lust machte, einzuchecken. Gegen einen Eintrittspreis von 2 Euro (über den sich sicherlich streiten lässt) konnten dann auf der zweiten Etage die Arbeiten von rund 60 Künstlern bewundert, angefasst und natürlich auch gekauft werden. Dabei reichte das Angebot von Mode, Schmuck bishin zu Produktdesign – natürlich alles handmade! Für die musikalische Untermalung sorgten die Herren Bonjour Ben und Philip Heymann von Meerblick, Red Poison und Niovi Kitsune, deren unaufgeregte Klangkunst sich mit dem angeregten Gesprächen zwischen Künstlern und Käufern zu einem angenehmen Lärmpegel vereinte. Als besonders gelungen empfand ich die Idee, nicht nur eine große Halle mit Ständen zu füllen, sondern auch 8 Hotelzimmer von Designern bevölkern zu lassen. Vor allem das aufwendig dekorierte Zimmer von Küstenmädel ließ mein Herz ein wenig höher schlagen, trafen hier doch maritime Motive auf Fischernetze und Rettungsreifen.
Achja, die ausgestellten Produkte waren übrigens auch sehr schön, ein rotes Tuch mit Seemannsmotiven ließ mich dann auch prompt den Geldbeutel zücken… Ansonsten stachen für mich noch die extravaganten Schmuckstücke von Royal Onion Design hervor, die mit mir bereits im Herz…allerliebst ein wenig gelirtet haben.
Darüberhinaus gab es aber natürlich noch allerhand mehr Sehenswertes zu sehen, wie mir die vielen Besucher des Ponyhofes bestimmt zustimmen würden. Somit ist für mich persönlich das Ziel des Ponyhofs einmal mehr aufgegangen: Neue Künstler entdecken oder sich im Vorfeld bereits auf Bestimmte freuen, die kreative Szene mit einem kleinen Kauf unterstützen, sich von denArbeiten inspirieren lassen und einen neuen Ort für sich entdecken.
Wer sich nun ärgert, den Ponyhof dieses Mal verpasst zu haben oder wer selbst Lust hat, seine künstlerischen Arbeiten dort einmal auszustellen, sollte sich den 20. Dezember rot im Kalender markieren: Denn da ist der Ponyhof zu Gast im JAZ e.V.!
Immer wieder erstaunlich, wenn von individuellen handwerklichen Produkten gesprochen wird und zeitgleich ein Werbeplakat erscheint, dass fast zu 95% von einem Filmposter geklaut ist und somit gegen jegliche Copyrights verstösst. Besser ist es dann noch, wenn es in einem Blog auftaucht, der (eher unwahrscheinlich, aber möglich) wegen diesem Foto abgemahnt werden könnte.
Was ist dann eigentlich daran noch kreativ, wenn man sich fremder Bilder bedient für das Werbeposter? (Diese Frage geht an den Ponyhof)
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Hallo Jule,
danke für deinen Kommentar! Wie du siehst, habe ich mir deinen Rat zu Herzen genommen und das Hauptfoto ausgetauscht. ;) Sicher ist sicher! Allerdings empfinde ich deine Haltung als sehr streng, nur, weil das Bild vom Plakat für das Grand Budapest Hotel mehr oder weniger übernommen wurde, dem Ganzen gleich eine eigene Kreativität abzusprechen. Hier sind wir bei der Frage, inwiefern es erlaubt ist, mit bereits vorhandenem Material zu arbeiten, was gerade in der Kunst und Photografie (s. die ganzen Collagearbeiten) gar nicht mal so selten ist. Auf dem Ponyhof selbst konnte man aber ja hunderprozent eigene, individuelle Arbeiten bestaunen. :) Hab einen schönen Tag und vielen Dank für den Gedankenanstoß!
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Collage gut und schön, aber seinen Schriftzug auf ein Filmplakat drauf zukleben ist mir dann doch zu wenig „Kreativ“.
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Die selbstgefällige Selbstbeweihräucherung von Frau Berger ist beeindruckend. Ja, sie stellt regelmäßig eine Veranstaltung auf die Beine, die kommerziell funktioniert. Aber was dort verkauft wird – denn darum geht es den sogenannten Ausstellern ja wohl – hat überhaupt nichts mit Kunst oder Künstlern zu tun! Es ist ein Mix aus Kunsthandwerk, Kitsch und Klamotten, der beim Ponyhof feilgeboten wird. Das ist übrigens völlig okay. Doch der ständig postulierte Anspruch, es würde sich um Kunst oder Künstler handeln, ist absolut unnötig. Und vielleicht sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass die Veranstalterin, die ja gerne für ihr Engagement gelobt wird, sowohl von den Ausstellern, als auch vom Publikum kassiert. Dies darf man ruhig wissen, bevor jemand auf die Idee kommt, die Motivation wäre purer Altruismus.
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